Das Magazin: Der zweite Prototyp

Wir servieren erneut unser News-Format in seiner zweiten Folge. Diesmal geht es um die Themen Runfunklizenz für Twitch-Streamer (ein Dankeschön gilt hier dem Heise-Anwalt Nicolas Maekeler für seine Einsichten und Antworten), die Freischalt-Debatte bei Ubisofts For Honor, Kritik an der Kritik des Bunds der Steuerzahler, eine neue Grafik-Schnittstelle für Star Citizen und viel Lärm um Nichts bei Lego City: Undercover.


Wir wünschen viel Spaß beim Hören und geben wie gehabt unter dem Soundcloud-Embed noch all unsere Quellenlinks an. Dazu gesellen sich diesmal die vollständigen Antworten des ZAK-Vorsitzenden Siegfried Schneider zum Thema “Streamer sind Rundfunk?!” und alle Antworten der Pressestelle des Bunds der Steuerzahler auf unsere Anfrage bezüglich der von ihnen kritisierten Spieleprojekte.

 

Weiterführende Links und Quellen

Diskussion um Freischalt-Items in For Honor
Zeit- und Kostenrechnung von “bystander007” auf Reddit
Bericht auf Ars Technica als Beispiel für die Berichterstattung
Reaktion des Game-Directors im Livestream [YouTube-Video]

Kritik des Bunds der Steuerzahler am Deutschen Computerspielpreis
BdSt zum Deutschen Compiuterspielpreis
BdSt zur Computerspielsammlung
Beitrag zum Thema auf Gameswirtschaft.de

Streamer benötigen Rundfunk-Lizenz
Pressemitteilung des ZAK zur Sache PietsmietTV
Videokommentar von PietSmiet [YouTube]
Updatevideo von PietSmiet [YouTube]
Heise.de: Überreguliert – Wie Heise einmal eine Rundfunklizenz beantragen musste
HeiseShowXXL mit Erfahrungsberichten und Diskussion zum Thema [YouTube]

Star Citizen goes Vulkan Only
Forenbeitrag von Al Brown mit der Ankündigung
Beispiel für durchwachsene Leistungsergebnisse beim Test von alter vs. neuer API
Artikel über das Gegenbeispiel: Die gelungene Vulkan-Implementierung bei Mad Max

Große Aufregung um Nichts bei Lego City: Undercover
Primärquelle der Aufregung: Ein Reddit-Post mit Fotos der US-Verpackung
Beispiel für die darauf folgenden Falschmeldungen [PC Gamer]
Beispiel für die später folgenden Update-News [Eurogamer]
Statement von Warner Bros. Interactive Entertainment: „Spieler, die LEGO City Undercover für Switch im Handel auf Cartridge gekauft haben, benötigen keinen zusätzlichen Download um das Game komplett spielen zu können. Spielern steht zum Release lediglich ein kleiner Content-Update-Patch bereit, der herunter geladen werden kann.“

Alle Antworten von Siegfried Schneider, dem Vorsitzenden der Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) zur Rundfunklizenz bei Streamern.

Besteht nun dringender Handlungsbedarf für jeden Streamer?
Bei Live-Streaming-Angeboten, die linear und regelmäßig entsprechend eines Sendeplans audiovisuelle und redaktionell gestaltete Inhalte verbreiten, kann ebenfalls die Schwelle zum Rundfunk überschritten sein. Das ist jeweils im Einzelfall zu prüfen.
Bei weitem nicht bei jedem Live-Streaming handelt es sich aber um zulassungspflichtigen Rundfunk. Vor allem immer dann, wenn ein Live-Event 1:1 ohne redaktionelle Gestaltung übertragen wird, ist es kein Rundfunk. Auch wenn sporadisch, unregelmäßig oder nur anlassbezogen live gestreamt wird, sind Angebote nicht als Rundfunk zu bewerten, da in diesen Fällen ein vorher feststehender „Sendeplan“ fehlt.

Ab wann ist ein solches Angebot als Rundfunkangebot zu betrachten?
Der Rundfunkbegriff ist technologieneutral und kann daher auch audiovisuelle Onlineangebote erfassen. Rundfunk liegt laut Rundfunkstaatsvertrag (RStV) vor, wenn audiovisuelle Bewegtbildangebote

  •         linear verbreitet werden,
  •         von mehr als 500 Zuschauer/User gleichzeitig erreicht werden können
  •         redaktionell gestaltet sind und
  •         „entlang eines Sendeplans“ regelmäßig und wiederholt elektronisch verbreitet werden.

Ist der bürokratische Aufwand (heise.de erzählt da genüssliche Horrorstories) den Streamern überhaupt zuzumuten?
Die Medienanstalten haben in letzter Zeit zahlreiche IPTV-Steaming-Angebote völlig komplikationslos als Rundfunk zugelassen (u.a. „#heiseshow“, „Rocketbeans TV“, „Schönstatt TV“, „Isarunde/Spreerunde“, „Sport1 Livestream“, etc.). Während des Prozesses der Zulassung sehen sich die zuständigen Landesmedienanstalten als Partner und auch als Dienstleister der Anbieter. Wir haben kein Interesse daran, bürokratische Hürden aufzubauen, sondern möchten gemeinsam mit den Anbietern und auf Basis der bestehenden Rechtsgrundlagen dafür sorgen, dass die entsprechenden Zulassungen erteilt werden können.

Ist hier nicht ein moderneres Regelwerk nötig, um die Besonderheiten von Streaming-Angeboten wie PietSmietTV und Co., abzubilden?
Die Medienanstalten haben in den letzten Jahren immer wieder deutlich darauf hingewiesen, dass der bestehende Rundfunkbegriff den Realitäten des Medienmarktes angepasst werden sollte. So ist es in Zeiten der Konvergenz nicht mehr zeitgemäß, dass die geltende AVMD-Richtlinie der EU noch zwischen linearen und non-linearen audiovisuellen Mediendiensten unterscheidet. Unterschiedliche Regulierungsansätze können immer weniger mit dem besonderen Charakter eines linearen Rundfunkprogramms begründet werden. Deshalb fordern die Medienanstalten: die Trennung zwischen linear und non-linear sollte bei der anstehenden Novellierung der der Audiovisuelle Mediendienste-Richtlinie (AVMD-Richtlinie) durch eine Kategorie audiovisuelle Mediendienste, die Rundfunkprogramme und Telemedien zusammenfasst, mit dem Ziel einer parallelen Regulierung ersetzt werden!

Statt der Zulassungspflicht könnte beispielsweise an eine „qualifizierte Anzeigepflicht“ gedacht werden, wie sie für den Bereich des Internetradios im RStV bereits existieren. Ein ähnliches „Anzeige“-Modell gibt es sogar für Satellitenrundfunk in der Schweiz. Bei einer qualifizierten Anzeigepflicht für Streaming-Angebote müssten die Anbieter nur Informationen zu ihrer Person (Impressum, Adresse, Kontaktinformation, ggf. Gesellschaftsverträge, Geschäftsführer, Chefredaktion, Programmverantwortliche, Jugendschutzbeauftragten) mitteilen. Ferner sollte die Anzeige den Namen des Programms benennen und umschreiben, was für ein Live-Angebot geplant ist und zu welchen Zeiten es verbreitet werden soll. Im Fall eines derartigen „Anzeige“-Modells würden keine Zulassungsgebühren anfallen.

Ob eine qualifizierte Anzeigepflicht als zeitgemäße Antwort auf die Medienordnung in der digitalen Welt genügt, kann letztlich nur der Gesetzgeber entscheiden. Die Medienanstalten sprechen sich für eine schnellen und pragmatischen Weg aus, der den neuen Angeboten die Chance gibt, ihren wichtigen Beitrag zu einer noch größeren Meinungsvielfalt zu leisten. Bis es soweit ist, sind die Medienanstalten an die Anwendung des geltenden Rechts gebunden.

 

Sie werden in der Pressemitteilung wie folgt zitiert: ”Das Netz ist voll von rundfunkähnlichen Angeboten. Daher sollte es hier zeitnah zu einer Anpassung der Gesetze kommen,“ und dann: „Wir brauchen offline wie online gleiche Voraussetzungen für Rundfunkangebote.“
Ist eine solche Anpassung der Gesetze bereits in Arbeit? Woher kommen hier die Impulse, wie kann ich mit den Prozess einer solchen Anpassung vorstellen? Ist da eine Anpassung praktisch um die Ecke oder kann es noch Jahre dauern?
Der Diskussionsprozess um eine Anpassung der Regulierungsvorgaben in der konvergenten Medienwelt ist in Deutschland und in Europa in vollem Gang. Bereits vor knapp einem Jahr wurde das „Positionspapier der Bundesrepublik Deutschland zum Regelungsumfeld für Plattformen, Online-Vermittler, Daten, Cloud Computing und die partizipative Wirtschaft“ nach Brüssel übermittelt. Dort steht gerade die Novellierung der AVMD-Richtlinie an. Die Positionen in den verschiedenen EU-Ländern dazu sind sehr unterschiedlich, eine Abstimmung darüber ist frühestens für Ende April geplant. Es zeichnet sich aber bereits ab, dass viele der von Bund und Ländern abgestimmten Positionen zur AVMD-Richtlinie vermutlich nicht einfließen. Auch ob die überholte Unterscheidung zwischen linearen und non-linearen Mediendiensten beibehalten wird, ist noch unklar.

Zuletzt interessiert mich, inwiefern das ZAK und die Landesmedienanstalten das Thema „Streamer als Rundfunkanbieter“ in Zukunft behandeln. Wird nun aktiv die korrekte Vergabe von Lizenzen an Streamer forciert?
Nachdem die ZAK Ende Januar dieses Jahres entschieden hat, dass die Internet-Liveübertragung der Handball-WM der Herren durch die Deutsche Kreditbank (DKB) einer rundfunkrechtlichen Zulassung bedurft hätte, beschäftigen sich die Medienanstalten intensiv mit dem Thema Streaming. Aufgrund der zunehmenden Professionalisierung von Streaming-Angeboten wird künftig auch die Anzahl der Streaming-Angebote zunehmen, die unter Umständen die Schwelle zum Rundfunk überschreiten. Daher ist es nicht ausgeschlossen, dass wir in Zukunft vermehrt Streaming-Angebote als Rundfunk einstufen. Bevor es aber zu einer Beanstandung kommt, wird die zuständige Landesmedienanstalt immer – wie im Fall PietSmietTV übrigens auch – auf den Anbieter zukommen und ihn auf die Notwendigkeit einer Zulassung hinweisen. Erst wenn sich der Anbieter – wie im Fall PietSmietTV – hierauf nicht meldet, müssen wir, auf Basis der nun mal vorhandenen Rechtsgrundlage,  zum Rechtsmittel der Beanstandung greifen.

Unsere Korrespondenz mit der Pressestelle des BdSt

Bezüglich des Falls „145.000€ für eine Computerspielsammlung“: Wo genau ist Ihre Kritik? Es handelt sich um eine enorme Sammlung eines Kulturgutes, die in dieser Form weltweit einmalig ist – wie Sie es auch schreiben!
Insgesamt sind die Ausgaben der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien in den vergangenen beiden Jahren um 27 Prozent gestiegen – vor diesem Hintergrund hat der Bund der Steuerzahler analysiert, welche neuen Ausgaben-Positionen hierfür verantwortlich sind. Unter diesen zusätzlichen Posten fand sich auch der Aufbau einer staatlich finanzierten Computerspielesammlung aus den vorhandenen Beständen anderer Akteure der Branche (wie der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle, USK). Wir kritisieren keineswegs die Bewertung eines Computerspiels als Kulturgut, sondern stellen fest, dass sich eine entsprechende Archivierung auch durch den gewinnträchtigen Wirtschaftszweig, der sich dahinter verbirgt, finanzieren ließe. Eine Finanzierung durch den Steuerzahler halten wir daher für nicht erforderlich und müssen bezweifeln, dass privatwirtschaftliche Finanzierungalternativen ernsthaft geprüft wurden, bevor der Steuerzahler zur Kasse gebeten wurde.

Bezüglich „525.000 € für Computerspiele“: Hier erklärt der Autor im Fazit, dass der Preis „ursprünglich dazu gedacht (war), um die junge Game-Industrie in ihrer Entwicklung zu unterstützen. Doch der Markt boomt seit Jahren, die Branche kann mit ihren Milliarden-Umsätzen den Computerspielpreis problemlos allein finanzieren“. Das mag, weltweit betrachtet, stimmen, doch Deutschland ist bei diesem Boom leider hintendran.
Der Bund der Steuerzahler spricht sich eindeutig nicht gegen eine Kulturförderung der Game-Wirtschaft aus. Eine Kulturförderung bzw. in diesem Fall eher kulturelle Wirtschaftsförderung muss nicht immer auf finanzielle Art erfolgen. Einen Rechtsanspruch hierfür gibt es nicht. Der BdSt plädiert für eine ideelle Unterstützung des DCP im Rahmen einer Schirmherrschaft. Damit könnte die Politik die Bedeutung qualitativ hochwertiger Spiele würdigen – und sie könnte auch weiterhin in der Jury vertreten sein. Steuerzuschüsse sind hierfür aber nicht zwingend. Mit Blick auf die teils finanzstarken Mitglieder der beiden beteiligten Branchenverbände BIU und GAME – insbesondere BIU mit u.a. Microsoft, Sony, Nintendo, Ubisoft, Warner Bros., Electronic Arts – erübrigt sich die Frage nach einer objektiv zwingenden Beteiligung des Steuerzahlers am DCP. Beachten Sie hier bitte den entsprechenden Fall aus der „Aktion Frühjahrsputz 2017“ inklusive des dort geschilderten Umstands, dass selbst dem Haushaltsgesetzgeber – dem Bundestag – die ursprünglich beabsichtigten Finanzierungspläne des Bundesverkehrsministeriums zu weit gegangen sind.

Zuletzt würde ich gern wissen, was die Ziele der Aktion „Frühjahrsputz“ denn konkret sind. Geht es um Aufmerksamkeit für Ihre Sache? Sind in einem oder mehreren der 30 Beispiele bereits Reaktionen erfolgt und begleiten Sie diese Themen weiter oder geht es Ihnen hierbei eher um das sinnbildliche Aufzeigen von kritikwürdigem Umgang mit Steuergeldern?
Die jährliche „Aktion Frühjahrsputz“ hinterfragt ausgewählte Ausgaben des Bundes kritisch – somit soll er zu einer öffentlichen Diskussion anregen. Dazu übersenden wir Ihnen gern unseren Erklär-Text aus der Broschüre „Aktion Frühjahrsputz 2017“, der das besondere Anliegen der „Frühjahrsputz“-Recherchen deutlich macht:

„Von A wie Autopilot bis Z wie zukunftsfähige Öko-Exporte: Mit seinem „Frühjahrsputz“ legt der Bund der Steuerzahler unnötige Ausgaben quer durch alle Bundesministerien offen – ob für Projekte im In- oder Ausland, für private oder öffentliche Institutionen. Hier fließen 4,2 Mio. Euro Steuergeld für ein Strohheizkraftwerk in Polen, dort wird ein Automobilkonzern für seinen Flottentest mit E-Autos mit 2 Mio. Euro vom Steuerzahler gesponsert. Insgesamt holen wir 30 Beispiel-Fälle in Millionenhöhe ans Tageslicht. Diese bewusste Auswahl zeigt, wie spendabel die Bundesministerien mit dem Geld der Steuerzahler umgehen.
Deshalb durchforsten wir akribisch den gesamten Bundeshaushalt – Einzelpläne, Titelgruppen, Haushaltsvermerke, Wirtschaftspläne, Funktionenübersichten oder Titel-Erläuterungen. Wir recherchieren, hinterfragen und interviewen die Behörden nach Sinn, Zweck und Nutzen einzelner Haushaltstitel. Warum wurde Titel A neu in den Haushalt aufgenommen, wie ist der Mittelabfluss bei Programm B, und wo liegt der Vorteil für die Steuerzahler durch die Subventionierung von Unternehmen C?
Klar ist: Wenn die Bundesministerien Steuergeld verteilen, muss dieser Geldsegen für Dritte in einem „erheblichen Bundesinteresse“ liegen – so verlangt es die Bundeshaushaltsordnung. Solche Zuwendungen müssen begründet werden. Deshalb tragen wir Projekte zusammen, in die zum Beispiel 600 Millionen Euro Steuergeld fließen – oder „nur“ 100.000 Euro. Auch diese 100.000 Euro Steuergeld sind ein Symbol für praktikable Einsparmöglichkeiten im Bundeshaushalt.
Da die Ministerien aber eine notwendige Sparpolitik ignorieren, ist diese „Frühjahrsputz“-Broschüre – sowohl die Haushaltsanalyse inklusive der Milliarden-Einsparvorschläge als auch folgende 30 Ausgaben-Beispiele mit erheblich niedrigeren Beträgen – ein Appell: Expansive Ausgabenpolitik stoppen!“

Kurz zu Headlines und Fotos: Alle Headlines umfassen sowohl den jeweils fließenden Euro-Betrag sowie ein Stichwort, um das Thema kurz und knapp zusammenzufassen. Das Foto zum „Frühjahrsputz“-Fall „525.000 € für Computerspiele“ stellt ein Feature-Bild dar, das schlicht und ergreifend auf das Thema Computer verweist.

Ein Beispiel-Erfolg für die „Aktion Frühjahrsputz“: Gern übersende ich Ihnen den Link zu einem bekannten Fall, den wir im „Frühjahrsputz“ 2015 kritisiert hatten: die üppige Vergabe von Give-aways durch die Bundesregierung. Diese hat reagiert und das System geändert:

 

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